Über 100 Jahre || Luise – Henriette – Schule

Die Geschichte der Luise-Henriette-Schule ist eingebettet in mehr als ein Jahrhundert deutscher Geschichte. Als höhere Töchterschule gegründet und bald darauf um Grundschulklassen erweitert, führte sie zunächst zur mittleren Reife und nach der Erweiterung um eine Oberstufe auch zum Abitur.

„Kaiserreich, Weimarer Republik, Hitlerdiktatur und Nachkriegszeit in einem freien Berlin waren die Stationen einer Schule, die sich in unmittelbarer Nähe eines historischen Ortes entwickelte. Hier, im alten Tempelhof, dem die Namensgeberin der Schule und erste Frau des großen Kurfürsten besonders zugetan war, ist etwas entstanden, das Generationen mit allen ihren schlimmen und schönen Erfahrungen überdauerte und dabei vieles an Wissen weiterreichte.“ aus: Grußwort des Bezirksbürgermeisters, Herrn Wolfgang Krueger, zum hundertjährigem Bestehen der Luise-Henriette-Schule im Jahr 1995.

Ein privates Bildungsinstitut wird in einem heute nicht mehr existierendem Haus in der Dorfstraße 44 von einem Herrn Dr. Döring gegründet.

Am 01.Oktober 1895 wird das private Bildungsinstitut von der Gemeinde Tempelhof übernommen. Die 36 Schülerinnen werden von drei Lehrerinnen betreut. Unterrichtet wurde in den Fächern Religion, Deutsch, Französisch, Englisch, Geschichte, Geographie, Rechnen, Naturkunde, Gesang, Schreiben, Handarbeit und Turnen. Die Ausbildung begann mit der Vorschule und endete nach neun Schulbesuchsjahren. Somit konnte eine vollständige Lyzealausbildung absolviert werden, die mit der mittleren Reife abgeschlossen wurde. Von 1896 bis 1905 stieg die Anzahl der Schülerinnen von 36 auf über 100.
Die erste kommissarische Leiterin der Schule wurde Frau Toni Geest, die 1892 an der königlichen Augustaschule die Schulvorsteherinnenprüfung abgelegt hatte. Sie behielt diese Position bis zum 12.03.1904 inne. Ihre Eheschließung bedingte die Berufsaufgabe.
Am 12.10.1904 wurde die neue Schulvorsteherin, Frau Laura Hoffmann, vereidigt.

Die beengten Verhältnisse in der ehemaligen Privatschule ließen bei steigender Zahl der Schülerinnen einen Umzug in ein größeres Gebäude als notwendig erscheinen.
Das damalige Schulgebäude ist heute noch aufzufinden. Es handelt sich um ein Haus in der Dorfstraße 17 (heute Alt-Tempelhof), das vom Reinhardtplatz aus zugänglich ist. Noch heute zeigt es sich in seiner unveränderten Backsteinfassade. Später wurde das Gebäude als Arbeitsamt genutzt.
In dem neuen Schulgebäude lernten nun 180 Schülerinnen.
Im Februar 1908 wurde in der Gemeindevertretersitzung beschlossen zum April 1908 eine Direktorenstelle zu schaffen. Diese wurde am 07.April 1910 von Heinrich Brinker übernommen. Zum Lehrerkollegium gehörten zu dieser Zeit 11 Frauen und 5 Männer.

Neben dem neuen Direktor sollte die Schule nun auch einen neuen Namen bekommen. Inhaltlich ist der Name „Luise-Henriette“ naheliegend. Es war der Name einer prominenten Persönlichkeit, die mit dem Ort in Beziehung stand und für eine Mädchenschule geeignet war. Dass die Kurfürstin Luise-Henriette Besitzerin des Gutes Tempelhof war, stellte die örtliche Nähe her. Dass sie für ihre Zeit eine fortschrittliche und gebildete Persönlichkeit war, ergab die Vorbildfunktion.
In Analogie zu anderen Verfahren könnte die Namensverleihung wie folgt vor sich gegangen sein:
„Dem Provinzialschulkollegium wird folgender „Allerhöchster Erlaß“ mitgeteilt:
„Seine Majestät der Kaiser und König haben in Gnaden zu genehmigen geruht, daß die in der Entwicklung begriffene öffentliche höhere Mädchenschule in Tempelhof den Namen Ihrer Gnaden, der hochseligen Kurfürstin Luise-Henriette, in der Bezeichnung „Luise-Henriette-Schule“ führe.“

Die Schülerinnenzahl stieg bis 1913 auf 402. Schon im Jahr 2012 hatte die Gemeinde an der Germaniastraße ein Grundstück für die Luise-Henriette-Schule erworben. Die Bauarbeiten waren in Gange. Am 04.12.1913 beschloss nun die Gemeindevertretung, die Luise-Henriette-Schule zum 01.04.1914 zu einem Oberlyzeum zu erweitern. Mit 18 Klassen und etwa 470 Schülerinnen plante die Schule für den Herbst 1914 den Umzug aus den beengten Räumen der alten Mädchenschule in den neuen Bau. Durch den Ausbruch des ersten Weltkrieges verzögerte sich der Umzug um fast zwei Jahre.

„Die Luise-Henriette-Schule in Tempelhof besteht bekanntlich aus einer Studienanstalt und einem Lyzeum. Die Studienanstalt, die bisher in Entwicklung war, ist, wie uns soeben mitgeteilt wird, jetzt durch Ministerialerlaß „als Studienanstalt der realgymnasialen Richtung“ anerkannt worden. Damit ist ihre Entwicklung abgeschlossen.“ aus: der „Neuen Tempelhofer Zeitung“ vom 27.03.1928
Ob die Entwicklung einer Schule jemals abgeschlossen sein wird, darf hier zu Recht gefragt werden.

Jedenfalls fanden am 15. und 16.02.1928 die erste Reifeprüfung einer Oberprima statt. Alle 10 Teilnehmerinnen bestanden das Examen.