Vor vielen Jahren nahm eine neunte Klasse unserer Schule am Erzählwettbewerb des Tagesspiegels teil – und einer unserer Schüler schaffte es bis ins Finale! Das Konzept gefiel uns so gut, dass wir beschlossen, am Luise-Henriette-Gymnasium genau so einen Erzählwettbewerb einzurichten. Schüler*innen und Lehrer*innen einigen sich auf ein Thema, das in der Schule ausgehängt wird. Aus den eingereichten Geschichten werden die besten ausgewählt, die im Finale vorgetragen werden. Die Jury muss sich dann für die drei Gewinner entscheiden – keine leichte Aufgabe! Dabei gehen Geschichte und Vortrag jeweils zur Hälfte in die Bewertung ein.

Auch in diesem Jahr wurden – trotz der Belastung durch Wechselunterricht und langes Lernen zu Hause – wieder viele spannende Geschichten eingereicht. Ein Erzählwettbewerb „live“ jedoch war wegen der Pandemie erneut nicht möglich. Die Finalisten lasen also wie bereits 2020 nicht vor Publikum, sondern vor ihrem Smartphone.

Das diesjährige Thema „Geheimnisse“ wurde von unseren Finalisten auf ganz unterschiedliche Weise angegangen. So gab es Geschichten über Zeitenwandler (Oskar Gendrich), über Väter, die mit fremden Frauen gesehen werden (Lara Kipik), ungewöhnliche Serienmörder (Gülüstan Karaaslan), die dunklen Machenschaften eines Lehrers (Nassibe Karakus), über Trennung und Tod im Dritten Reich (Celine Krumrey) und mysteriöse dunkle Gestalten (Marlon David).

Jede eingereichte Geschichte hat ihren eigenen Zauber, und alle, die am Wettbewerb teilgenommen haben, verdienen höchsten Respekt! Die Jury hat sich die Entscheidung für die drei Sieger nicht leicht gemacht, war sich am Ende aber in ihrem Urteil einig.

Die Gewinner*innen 2021 sind:

1. Platz: Raimund Ladwig

Die Jury: Wer ist der Fremde auf dem Familienfoto? Nicht genug damit, dass Toms Mutter es ihrem Sohn nicht verraten will, sie leugnet sogar, dass die Person im Militärmantel überhaupt auf dem Bild zu sehen ist. Welches dunkle Geheimnis liegt hier verborgen? Auf engstem Raum schafft es Raimund, eine ungeheure Spannung aufzubauen. Mit kleinen Anspielungen und einem offenen Ende gelingt es ihm scheinbar mühelos, die Fantasie seiner Leser und Zuhörerinnen auf Hochtouren zu bringen. Einfach toll!

2. Platz: Raissa Lamere

Die Jury: Für viele ist es der erste, für manche der einzige Partner, dem man Geheimnisse anvertraut: das Tagebuch. So geht es auch der Erzählerin in Raissas Geschichte. Das Geheimnis, dem sie im neuen Haus ihrer reichen Eltern Schritt für Schritt auf die Spur kommt, ist allerdings um einiges schrecklicher als das meiste, was sonst so in Tagebüchern verschlossen wird. Durch einen geschickten Spannungsaufbau zieht die Autorin uns von Zeile zu Zeile mehr in den Bann. Überzeugt euch am besten selbst – falls ihr euch traut!

3. Platz: Lilli Degenhardt

Die Jury: Plötzlich spannen sich alle Muskeln an, das Herz beginnt zu rasen, das Blut pocht in der Schläfe, und dann dieses Zittern… Jason fühlt sich als Loser und denkt, dass er niemals Freunde finden wird. In ihrer einfühlsamen Geschichte nimmt Lilli uns mit in Jasons Gefühls- und Gedankenwelt. Ihre dichte Sprache lässt Bilder vor unserem inneren Auge entstehen, als säßen wir im Kino. Und wie im Kino gibt es ein Happy End, das uns durchatmen lässt: Manch stilles Geheimnis verliert an Schrecken, wenn man wagt, es mit anderen zu teilen.

Wir bedanken uns ganz herzlich bei den wunderbaren Autor*innen, der Jury und dem Fachbereich Deutsch!

Andrea Thiele, Ricarda Leipski, Martin Hatzius