Was für ein Abend. Elektronen tanzen, kreisen um Protonen herum, stoßen sich gegenseitig ab. Neue Verbindungen entstehen, Energie wird freigesetzt.

Und diese Energie konnte auf einer ausverkauften Veranstaltung im Hangar 1 des Flughafens Tempelhof gestern beobachtet werden. Eine chemische Reaktion, freigesetzt durch 100 Schülerinnen und Schüler aus Berlin Tempelhof und den Niederlanden.

Innerhalb einer Woche schafften es 100 begeisterte Schüler_innen ein Musiktheaterstück auf die Bühne zu bringen, das noch lange nachwirken wird. Be Voice! heißt das Projekt, das die Talente unserer SchülerInnen herausgekitzelt hat, ein deutsch-niederländisches Musiktheater-Projekt, eine deutsch-niederländische Erfolgsgeschichte.

Das Erfolgsrezept: Wissenschaftliche Themen werden mit Musik und Tanz verbunden und erlebbar gemacht. Die niederländischen Gäste aus dem holländischen Venlo kommen dabei von einer professionellen Tanz- und Musikschule. Durch sie wurden unsere Schüler zu Tänzern und Sängern, mit ihnen konnte in kürzester Zeit diese Musiktheater-Performance auf die Beine gestellt werden.

5 Tage lang wurde geprobt, einstudiert, gesungen und getanzt. Motiviert von ausgebildeten Tanz- und Gesangslehrer_innen aus den Niederlanden. Und die Mühe hat sich gelohnt.

Das wissenschaftliche Thema der diesjährigen Aufführung war die Oxidation. Nicht nur ein chemischer Prozess, sondern eine Reaktion, die in unserem Leben eine wichtige Rolle spielt und uns tagtäglich begegnet. Stoffe sind stets der Oxidation ausgesetzt und damit der Veränderung unterworfen. Eisen reagiert mit Sauerstoff, es rostet. Menschen altern, sie oxidieren. Und Mauern fallen, Beton zerfällt.

Ein Prozess, den man in Berlin besonders zum 9. November 1989 feststellen konnte. Nicht der Alterungsprozess der Mauer war verantwortlich für die Wende, sondern die Energie und der Wunsch nach Freiheit, freigesetzt von Tausenden von Menschen.

Und diese Verbindung von Geschichte und Wissenschaft schafften unsere Schüler_innen gekonnt auf die Bühne zu bringen. Die Berliner Mauer, die Grenze zwischen Ost und West, die allmählich verschwindet, aus dem Gesicht der Stadt, aus den Erinnerungen der Menschen. Berlin wird wieder eins, die letzten Mauerstücke rosten. Die Erinnerungen verändern sich, neue Generationen wachsen in einem neuen Berlin heran, werden älter und schaffen etwas Neues. Es ist die Schönheit jeder Oxidation, die BeVoice! mit unseren Schüler_innen auf die Bühne gebracht hat.  Eine beeindruckende Performance des Wandels in der Chemie und Geschichte.

So wird Chemie zu Theater – und Rost zu Kunst.

Für alle kam etwas Unvergessliches heraus. So haben wir jedenfalls die Aufführung empfunden. Ein ganz großes Dankeschön an die Menschen hinter BeVoice!, an einen begeisternden René M. Broeders und an alle Schüler_innen des Luise-Henriette-Gymnasiums, der Johanna-Eck-Schule, der Schule am Berlinickeplatz, der Schüler_innen und Lehrer_innen des Valuas College in Venlo. Besonderer Dank gilt allen Sponsoren, die dieses Projekt seit mehreren Jahren unterstützen.

Bettina Gerhard / Luise-Henriette-Gymnasium